Eine märchenhafte Kinderwelt
Der Neubau des Waldorfkindergartens in der Hohenheimer Straße in „Backnang mit seinen fünf Türmchen begeistert Groß und Klein. Der Entwurf stammt von dem kürzlich verstorbenen ungarischen Meisterarchitekten Imre Makovecz.
Für Justus ist die Sache klar: „Hier ist alles besser als im alten Kindergarten“, sagt der Dreikäsehoch. Warum? „Sieht schöner aus“, erklärt der Bub, der eine der fünf Gruppen des Waldorfkindergartens in der Hohenheimer Straße in Backnang besucht.
Nebenan, in einem Raum für die unter Dreijährigen, turnen ein paar Kleinkinder über Stühle und Kisten. Ihnen ist wahrscheinlich egal, wie der Raum gestaltet ist, ob der Bau der eines Meisterarchitekten ist oder nicht – könnte man meinen. Stimmt aber nicht, sagen die Eltern. Der märchenhafte Entwurf des kürzlich gestorbenen Architekten Imre Makovecz aus Ungarn biete „eine gewisse Weite“, was die „gedankliche Offenheit“ fördere. Das jedenfalls sagt Christine Groß, die im Vorstand des Trägervereins des Kindergartens sitzt. Die Kinder, die Eltern und viele Passanten, die an dem Gebäude mit den fünf Türmchen vorbei liefen, seien ganz begeistert.
Makovecz hat den ungarischen Expo-Pavillon entworfen
Das hat die Erzieherin Tanja Detjen-Kurrle beobachtet. Sie arbeitet seit rund vier Jahren beim Verein zur Förderung der Waldorfpädagogik Backnang und war dabei, als der Neubau konzipiert wurde. Sie hat den Meisterarchitekten in Ungarn mit einer Delegation aus der Murrstadt besucht. Imre Makovecz, der viele öffentliche Gebäude entworfen hat, war sofort angetan von der Idee, in Backnang zu bauen. Er hat viele Gebäude konzipiert, vorwiegend Kirchen und Kulturzentren, aber auch Privathäuser. Zu seinen bekanntesten Werken gehört der ungarische Pavillon auf der Expo 1992 in Sevilla.
Der Architekt hat den Baustoff Holz bevorzugt, seine Bauweise bezeichnete er als „organisch“. Er sagte von sich, dass seine Architektur keine Geometrie kenne. Das organische Gebäude solle „ein Lebewesen sein“, Modell stehe immer die Lebenswelt. Imre Makovecz wurde für seine Entwürfe mehrfach ausgezeichnet. Die Wochenzeitung „Die Zeit“ bezeichnete Imre Makovecz’ Stil als „Architektur der Freiheit“, die an die Gotik erinnere. Der Architekt hatte ein Faible für die Anthroposophie und deren Begründer Rudolf Steiner – und deshalb Interesse am Bau des Waldorfkindergartens in Schwaben. Nach seinem Tod wurde das Backnanger Bauwerk von Makovecz’ Schüler und Mitarbeiter Tamás Dobrosi fortgeführt.
Haus-in-Haus-Architektur
Die 90 Kindergartenplätze seien bereits größtenteils belegt, sagt die Erzieherin. Zunächst seien nur vier Gruppen geplant gewesen – jede untergebracht in einem der fünf Türmchenzimmer. Wegen der großen Nachfrage sei aber auch der fünfte Raum mit einer weiteren Gruppe belegt worden. Fachleute sprechen von Haus-in-Haus-Architektur. Die Gruppenräume haben hohe Decken, die bis unter das Dach reichen. Diese Bauweise soll dazu beitragen, dass die Gedanken der kleinen und großen Menschen Freiraum haben für Neues.
Quelle: http://www.stuttgarter-zeitung.de
Von Martin Tschepe 07. November 2014 – 10:00 Uhr